Zu Islamkritik und anti-muslimischem Rassismus – Drei Vorschläge für DIE LINKE

Ein Beitrag der Thema.Li, der Themengruppe in der Emanzipatorischen Linken Berlin

Anti-muslimischer Rassismus ist in den letzten Jahren das Zugpferd der Rechten geworden. Mit dem wieder erstarkenden Nationalismus in Europa und den jüngeren Debatten um Willkommenskultur, islamistischen Terrorismus, eine Begrenzung der Zuwanderung und den Umgang mit Geflüchteten im Alltag kristallisiert sich immer wieder ein Querschnittsthema heraus: Welche Rolle spielt der Islam? – Und in linken Debatten zunehmend: Kann Islamkritik links sein? Hier scheiden sich die Geister. Die einen sehen den Islam als Ursache für den Islamismus und stellen heraus, wie autoritär, frauenfeindlich und antisemitisch der Islam sein kann. Sie sagen, Islamkritik muss von links besetzt werden, oder sogar, es gäbe gar keine rechte Islamkritik. [1]

Die anderen fokussieren vor allem den anti-muslimischen Rassismus und sehen auch Islamkritik von linker Seite als Teil dieses Ressentiments. [2]

Tatsächlich ist die Sachlage komplex. Sich gegenseitig Zuhören und Abwägen kann den Kampf gegen anti-muslimischen Rassismus mit dem Kampf gegen Islamismus verbinden und neue Perspektiven für linke Politik eröffnen.

 

Drei herrschaftskritische Strategien zusammengefasst

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Gegen anti-muslimischen Rassismus!

DieLinke muss sich auch weiterhin klar gegen den weit verbreiteten anti-muslimischen Rassismus stellen, also auch gegen die Stigmatisierung von Muslimen als bspw. durchweg frauenfeindlich, ohne dabei den Kampf gegen Sexismus und Patriarchat zu vernachlässigen. Islamkritik ist zwar nicht zwingend, aber derzeit faktisch in vielen Fällen mit der Ablehnung des Islam insgesamt verbunden. Deshalb spielt auch die atheistisch motivierte Ablehnung des Islam leider häufig der Ausgrenzung von Minderheiten in die Hände und ist für eine linke Massenpartei mittelfristig keinesinnvolle Option. Ob als parlamentarische Opposition oder in Regierungsverantwortung: Die Linke muss sich schließlich auch für den Schutz der in den Grundrechten verankerten Glaubens- und Gewissensfreiheit verantwortlich fühlen, soweit diese in Einklang mit der Entfaltung der übrigen Grundrechte steht.

Gegen Islamismus!

DieLinke kann und muss sich klar und konsequent gegen Islamismus und dessen Vertreter_innen stellen, also gegen autoritäre, demokratiefeindliche, chauvinistischpatriarchale und antisemitische Herrschaftsprojekte unter dem Banner des Islam. Praktisch steht hier eine Prüfung der Zusammenarbeit mit einigen fragwürdigen Islamverbänden in Deutschland an, die anscheinend nicht mit offenen Karten spielen, was ihre politischen Ziele und Ideologien betrifft. Bei der Suche nach muslimischen Bündnispartnern sollte Die Linke die Kritik an Verbänden wie DITIB, Zentralrat der Muslime und Islamrat stärker berücksichtigen und den Gesprächsangeboten der Säkularen und Liberalen Muslime mehr Beachtung schenken.

Für Säkularisierung!

Die Frage nach dem Umgang mit dem Islam sollte enger mit der allgemeinen Haltung der Linkspartei zu Religion und religiösen Organisationen verknüpft werden. Eine Intensivierung der Debatte um eine weiterführende Säkularisierung Deutschlands scheint mit Blick auf die krassen finanziellen und arbeitsrechtlichen Privilegien der Landeskirchen dringend notwendig. Die gleichzeitige Säkularisierung christlicher wie islamischer Institutionen kann für das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft wichtige Weichen stellen. Es darf davon ausgegangen werden, dass viele unserer kirchlichen Bündnisparter_innen im Kampf gegen Rassismus auch einer Säkularisierung positiv gegenüberstehen. Die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie der jeweiligen Bundesarbeitsgemeinschaften von Linkspartei, Grüne und SPD liegt nahe.

Zum Weiterlesen: Zu Islamkritik und anti-muslimischem Rassismus


Silvester in Köln – Staatlicher Rassismus pur

Von Sandra Beier (Berlin), Anne Helm (Berlin), Oliver Höfinghoff (Berlin), Peter Laskowski (Gärtringen) und Siggi Seidel (Hannover)

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz hat am 29. Oktober 2012 in einer Entscheidung festgestellt, dass die Praxis des „Racial“ oder „Ethnic Profiling“ gegen das Verbot der Diskriminierung aufgrund der „Rasse“ verstößt. Es stellte fest, dass „alleine aufgrund der Hautfarbe keine Person Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit hinnehmen muss.“. Das OVG legte, auch bindend für die Polizei, fest, dass es in einem Rechtsstaat kein „Racial Profiling“, keine polizeiliche Gesichtskontrolle, keinen polizeilichen Pauschalverdacht für Nichtweiße geben dürfe.

Aber: Im Gegensatz zur gültigen Verfassungslage und der darauf fußenden Rechtsprechung ist „racial profiling“ üblicher Bestandteil der polizeilichen Praxis. Wenn nach genau einer Person gefahndet wird, dann macht eine Personenbeschreibung mit Hautfarbe als Merkmal Sinn, um jedoch zu entscheiden, wer in eine allgemeine Kontrolle kommt, eben genau nicht, dann ist es genau das: „Racial Profiling“.

Polizeilicher Pauschalverdacht gegen Nichtweiße Menschen

Dass es einen polizeilichen Pauschalverdacht gegen Nichtweiße Menschen gibt, ist kaum zu bestreiten. Nicht umsonst ist die Deutsche Polizeigewerkschaft 2012 über das OVG-Urteil hergefallen und hat erklärt, dass es sich um „schöngeistige Rechtsprechung“ handele, die von der Praxis und von ihren Notwendigkeiten keine Ahnung habe.. Als hätte er zu entscheiden, welche Gesetze in Deutschland gelten, und welche Gesetzen von der Polizei zu beachten sind, erklärte Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies „Ich will eins betonen, weil es unter anderem in den sozialen Netzwerk kritische Stimmen zum sogenannten ‚Racial Profiling‘ gab. Ich weise die negative Kritik, die damit verbunden ist, zurück.“ 

Ein einzelner Schwarzafrikaner? Nach rechts. Ein einzelner Araber, oder jemand, der so aussieht? Nach rechts. Ein Blonder ohne Mütze? Nach Links.“ beschrieb ein Journalist auf der Internetseite von ntv, wie die Männer sortiert wurden. Im Kessel waren Frauen, Deutsche türkischer herkunftAfghanen. Sie alle eint nicht, das sie Jung, Männlich und Aggressiv sowie Nordafrikaner waren, sondern: die Haut und Haarfarbe. Wenn in Köln nichtweiße Männer die rechte Tür nehmen und sich einer erniedrigenden Kontrollen unterziehen müssen und gefühlt Platzverweise wegen ihrer Herkunft kassieren, während weiße Menschen von der Polizei durch die linke Türe den Platz zum Feiern gebeten werden, so ist mehr als offensichtlich, dass es sich hier einzig um eine Entscheidung auf der Basis von Aussehen und Hautfarbe handelt, also um „Racial Profiling“.
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