Für eine EU der Demokratie und der Solidarität

Von Peter Laskowski (Tübingen)
Als kosmopolitisch Strömung, für die der Veränderungsanspruch nicht an territorialen oder kulturellen Grenzen endet, sollte sich die Emanzipatorische Linke eindeutig mit einem „Mehr Europa wagen“ zum Europawahlprogramm DIE LINKE positionieren. Für die Emanzipatorische Linke gilt, „das Linke Politik über jede Form von Grenzen hinaus denkt und versucht diese einzureißen. Darum stehen wir für eine Politik der Überwindung des Nationalstaats und eine Politik der Offenen Grenzen“. [1]
Die Europäische Union wird zerrissen „zwischen der Zivilisation humanistischer, kosmopolitischer Prägung und der Barbarei nationalkonservativer und faschistischer Prägung;“ [Reiner Trampert] zwischen der kapitalistischen Moderne und der Regression des Bewusstseins zu nationalen und völkischen Bindung.

Der „Brexit“ verkörpert hierbei wie nichts anderes den Sieg der Regression über die Vernunft. Die Mehrheit der britischen Wähler*innen wollte ihrer Aversion gegen „Arbeitsmigration, Zuwanderung, Globalisierung und kosmopolitische Eliten“ Luft verschaffen und ein paar imaginäre Bedürfnisse befriedigen. Anhänger der „Leave“-Kampagne sagten, sie wollten zurück in jene Epoche, „in der uns die halbe Welt gehörte, heute kommt die halbe Welt zu uns und macht, was sie will“. Sie wollen zurück ins Empire, werden aber den tiefen Fall ihrer Nation erleben.
Klar ist die EU auch durch die im Kapitalismus sich naturwüchsig bildenden Disparitäten zerrissenen, weil Kapital nun mal in profitable Zonen strömt und andere entleert und somit auch die EU in Zentrum und Peripherie einteilt. Klar ist auch, das das nicht Angela Merkel oder AKK macht, sondern der Kapitalismus von sich aus. Klar ist auch, das das nicht am Euro Liegt. Als die Lira, die Drachme und der Peso dreimal im Jahr abgewertet wurden, hatten die Länder des Südens ebenfalls keine Chance gegen die hohe Produktivität und die niedrigen Lohnstückkosten in Westdeutschland. Die hohe Produktivität und die niedrigen Lohnstückkosten sind auch im geeinten Deutschland geblieben.

Es gehört zum europäischen Trauerspiel, dass Teile der Linken dazu beigetragen haben, die Nation zu einem schützenswerten Gut gegen herbeiphantasierte Fremdmächte zu erheben. Die Behauptung, mit der Globalisierung und dem Neoliberalismus (der immer dann beschworen wird, wenn die ihn Beschwörende keinen Begriff vom Kapitalismus haben) sei das Böse gekommen, impliziert, dass es vorher einen guten Kapitalismus gab. Wann? In der Phantasie muss er existiert haben. Denn mit dem Weklagen über seinen Verlust einher ging das Wehklagen über die Globalisierung, die den Einfluss der Nationalstaaten zurückdränge oder sie gar auflöse. In dieser Zeit bekam die Hinwendung zur Nation einen kräftigen Schub. Einher damit ging die Reduzierung der Kritik am Kapitalismus auf Finanzen und Banken. Die Reduzierung der Kritik am Kapitalismus auf Finanzen und Banken hat das Kapital falsch in den raffenden und schaffenden Sektor getrennt und die Ausbeutung und Entfremdung des Menschen in der Mehrwertproduktion geadelt.

Wie man es auch dreht oder wendet, das linke Europa gibt es so wenig wie das linke Vaterland. Was an Nationalstaaten zu kritisieren ist, schließt den „Überstaat“ EU ein. An der EU ist zu kritisieren, was am Kapitalismus zu kritisieren ist, und dazu die deutsche Vormacht und die mörderischen Außengrenzen. Dies alles wird aber von den führenden Nationen bestimmt, voran von Deutschland. Wir sehen nun die Hilflosigkeit und den Egoismus der EU-Mitgliedstaaten angesichts der Euro- krise, der Flüchtlingsbewegungen und anderer Herausforderungen. Aber wieso wird das vor allem der Europäischen Union angelastet und nicht dem nationalen Egoismus der konservativen Regierungen in den Mitgliedsländern? Fast alle dieser Regierungen folgen dabei dem Leit- bild Deutschlands, der dominierenden Wirtschaftsmacht in der EU. Doch es ist Deutschland, das erst mit seiner Exportpolitik „auf Teufel komm raus“ andere Euro-Staaten ruiniert hat und ihnen jetzt mit dem – nicht einmal dem Schein nach demokratischen – Instrument der „Troika“ eine Hungerkur aufzwingt. Gerade wenn man der Meinung ist, dass die Deutsche Politik mörderisch für die Peripheriestaaten ist, muss man sich doch wohl zuerst „Berlin“ vorknöpfen, statt sich in „Brüssel“ zu verbeißen, denn: Wenn man mit dem Finger auf Brüssel zeigt, weisen drei Finger zurück nach Deutschland. „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“, wusste Karl Liebknecht schon vor hundert Jahren.

Trotz aller Kritik an der EU muss uns klar sein, das es eindeutige Vorteile der EU gibt. Tschechen und Italiener sind inzwischen ganz selbstverständliche Nachbarn der Deutschen – das wäre ohne die Europäische Union wohl kaum so gekommen. Wir wissen auch, dass die europäische Integration in vielen Regionen spürbare wirtschaftliche, rechtliche und soziale Fortschritte gebracht hat. Aber wir machen uns keine Illusionen: Spätestens an den Außengrenzen der EU war stets damit Schluss. Und auch die Fortschritte in ihrem Inneren sind inzwischen bedroht.
Diese EU, so wie sie heute konstituiert ist, fällt selbst hinter die auch im bürgerlichen Nationalstaat schon extrem unterentwickelte, Demokratie noch weit zurück und ist auch sonst in vielen Bereich zu kritisieren. Zurecht habe wir gemeinsam mit vielen sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, und Genoss*innen aus ganz Europa gegen ACTA usw, aber auch gegen die geplante EU Verfassung gekämpft. Der gemeinsame Kampf für ein „anderes Europa“ hat wohl auch Europa mehr geeint als sonst irgend etwas es könnte. Darum müsen wir weiter um dieses „andere Europa“ kämpfen. In der globalisierten Welt der transnationalen Konzerne kann kein Kampf gegen das kapitalistische System nur auf nationaler Ebene geführt werden. Klimaveränderung, Gentechnik, Software-Patente,Privatisierung öffentlichen Eigentums, Lohndumping, Outsourcing, Standortwettbewerb, etc, etc.. all diese Fragen sind globale Fragen und können nur mit globalen Kämpfen erfolgreich beantwortet werden.

Linke Vorstellungen von der EU

In einer Zeit, in der nicht nur die EU als Institution von rechts bedroht ist, sondern auch das friedliche Zusammenleben der Menschen auf dem Kontinent Europa, wo Nationalisten nach der Macht in den einzelnen Nationalstaaten, aber auch auf der Ebene des europäischen Parlaments greifen, in der einzelne Nationalstaaten gültiges internationales Recht oder auch die demokratischen und menschenrechtlichen Grundprinzipien außer Kraft setzen, braucht es eine starke, einige und entschlossene Linke, die dagegen ankämpft.

Das Europa-Wahlprogramm der Linken wird kein Regierungsprogramm werden. Unsere Reformvorschläge haben kaum eine Chance zur Verwirklichung, mögen sie noch so berechtigt und wohldurchdacht sein.

Darum sollten den Blick weiter richten. Und das heißt:

• wir als LINKE sollten unser Verhältnis zur Europäischen Union endlich grundsätzlich klären, die Arbeit an unseren Alternativvorschlägen vertiefen und die Vernetzung der Linken in Europa vorantreiben.

• Die Abwehrkämpfe und Reformversuche in der EU mit der Suche nach Alternativen zur EU, mindestens aber zu ihrer heutigen institutionellen Struktur, zu verbinden.

• Bei der Kritik am Ist-Zustand der EU im Auge zu behalten, dass dieser Zustand nicht nur das Ergebnis politischen Kalküls oder der Unfähigkeit von Regierungen ist, sondern aus der Logik des kapitalistischen Systems erwächst.

Was stört uns an den Verhältnissen in Europa, was wollen wir ändern, was streben wir als Emanzipatorische Linke an? Wir wollen keine realen oder virtuellen Mauern – weder zwischen den Staaten noch an der Außengrenze der EU. Wir wollen keine europäische Armee, die in aller Welt für die Gewinne europäischer Konzerne kämpft, und keinen Überwachungsstaat. Wir wollen Demokratie weder als formales Spiel der im Interesse der herrschenden Klassen handelnden Eliten noch als „Herrschaft der Mehrheit“, sondern als Teilhabe und Mitwirkung aller. Wir wollen ein Leben frei von administrativen und ökonomischen Zwängen, ein Leben ohne Diskriminierung, Existenzangst und Arbeitsdruck – und zwar für alle Menschen, weltweit.
Und das ist nun mal im institutionellen Rahmen der Europäischen Union, die schließlich ein kapitalistischer Staatenbund ist, schwerlich zu erreichen.

Deshalb unterstützen wir zwar Reformbestrebungen, aber wir sind uns sicher: Das wird nicht genügen. Ja, wir wollen die EU und keine Kleinstaaterei; wir wollen lieber eine vermurkste EU als einen vermurksten Nationalstaat. Aber am Ende des Tages wollen wir etwas viel Besseres!


#EmaLiAk19, Habemus Programm

Es ist soweit: die #EmaLiAk19 hat ein Programm. Das könnt ihr ab heute hier Downloaden.
Das Programm der #EmaLiAk18 als pdf zum mobil lesen, sich informieren, zum Nachschlagen, zum Ausdrucken, den Aufenthalt planen und, und, und…..hängt an und ist ab heute Offiziell. Viel Spaß damit.
 
Zur Erinnerung, die #EmaLiAk19 findet von Freitag, dem 08.Februar 2019 bis Sonntag, dem 10. Februar 2019 in der Jugendherberge Wiesbaden, Blücherstr. 66-68, 65195 Wiesbaden statt.
Programm_EmaLiAk19_als_PDF

Thesen zur Bayernwahl

EMANZIPATORISCHE LINKE BAYERN

1. Zur Landtagswahl im Allgemeinen

Selbst für bayerische Verhältnisse, in denen sich jede politische Frage im Grunde genommen darauf reduzieren lässt, ob man die CSU liebt oder hasst, war der zurückliegende Wahlkampf von einer enormen gesellschaftlichen Polarisierung geprägt. Dem Aufstieg der neofaschistischen AfD und dem Versuch der CSU, durch rechtspopulistisches Gebahren rechte Wähler*innenstimmen zurück zu gewinnen, stand ein breites gesellschaftliches Bündnis gegenüber, das regelmäßig Zehntausende gegen den Rechtsruck und für ein demokratisches, offenes und menschliches Bayerns mobilisierte und CSU und AfD erfolgreich die durch rechte Themensetzung gewonnene Diskurshoheit streitig machte. In den Umfragewerten vor der Wahl sah sich die zunehmend kopfloser agierende Staatspartei im freien Fall. Gemessen an den von fast einem Jahrhundert rechtskonservativer Hegemonie geprägten politischen Klima im Freistaat schien sich mit der Landtagswahl 2018 eine kleine Revolution anzubahnen. Auf einmal schien in einem Bundesland, in dem jede linke Opposition gemeinhin automatisch die Rolle eines politischen Pariahs einnimmt, die Möglichkeit eines Einzugs der LINKEN ins Maximilianeum gegeben.  

Vergleicht man nun die Wahlergebnisse mit dem politischen Klima im Wahlkampf könnte die Diskrepanz zwischen Erhofftem und Ergebnis nicht größer sein. Zwar erhielt die CSU wie zu erwarten eine historische Wahlklatsche. Sie verlor nicht nur massiv Wähler*innen nach rechts, sondern in etwa gleich großen Teilen an Grüne und Freie Wähler. Der Wahlausgang deutet darauf hin, dass die CSU ihren Charakter als konservative Sammlungspartei langsam endgültig einbüßt hat und sich erstmals in ihrer Geschichte die Frage stellen muss, wofür sie eigentlich politisch steht. Das Auseinanderbrechen des Mitte-Rechts-Lagers bedeutet indessen kein Ende der strukturellen konservativen Mehrheit in Bayern. 

Angesichts einer sich abzeichnenden CSU-FW-Koalition ist ein politischer Kurswechsel im Freistaat für die nächste Legislaturperiode kaum zu erwarten. Vielmehr ist zu befürchten, dass sich CSU und FW weiterhin von der AfD vor sich her treiben lassen und es den Neofaschist*innen damit gelingt, den politischen Diskurs der nächsten fünf Jahre maßgeblich mitzubestimmen. Der breite öffentliche Protest vor der Wahl hat sich aber auch als erfolgreiche Strategie erwiesen, dem Rechtsruck im öffentlichen Diskurs entgegenzusteuern. Eine der wichtigsten Fragen der inner- und außerparlamentarischen Opposition in den nächsten Monaten muss sein, wie sich dieser Druck nach dem Wegfall des Mobilisierungspotentials der Landtagswahl aufrecht erhalten lässt. 

Auf der anderen Seite des Parteienspektrums gehen die Grünen als klarer Gewinner der Landtagswahl hervor. Diese schafften es einerseits, sich als zentrale politische Kraft eines anderen Bayerns zu inszenieren und sich in der öffentlichen Wahrnehmung an die Spitze der Anti-CSU-Proteste zu stellen. Auf der anderen Seite boten sie auch eine glaubwürdige und vernünftige Alternative für enttäuschte CSU-Wähler*innen. Realpolitisch rücken die Grünen damit entgegen ihrer Inszenierung im Wahlkampf weiter in Richtung einer liberal-konservativen Partei der bürgerlichen Mitte mit politischer Anschlussfähigkeit an CSU und FW. Dem durchschlagenden Erfolg der Grünen steht der dem Bundestrend folgende Absturz der SPD als traditionell zweitstärkster politischer Kraft in Bayern gegenüber. Insgesamt lässt sich auf Seiten von Mitte-Links also eher ein Trend zur Mäßigung feststellen, der keineswegs der aufgeladenen Stimmung im Wahlkampf entspricht. 

Damit zusammen hängt eine regelrechte Aufkündigung der sozialen Frage als zentrales Thema im Wahlergebnis. Im Programm der Grünen nimmt diese nur eine untergeordnete Rolle ein, während die SPD auf diesem Gebiet immer unglaubwürdiger erscheint. Profiteur sozialer Unzufriedenheit ist hingegen immer mehr die AfD, die sich zunehmend mit einer chauvinistischen Thematisierung der sozialen Frage in Form einer hierarchischen und exkludierenden Volksgemeinschaftsideologie profiliert.         

Insgesamt lässt sich eine gewisse Diskrepanz zwischen politischer Stimmung im Wahlkampf und Wahlergebnis feststellen. Dort, wo sich in den außerparlamentarischen Protesten während des Wahlkampfs die Perspektive eines wirklich anderen Bayerns eröffnete, die die Behebung sozialer Missstände im Land mit progressiven Forderungen nach einem grundsätzlichen Kurswechsel in Richtung mehr Menschlichkeit und individueller Freiheiten verknüpfte, klafft im neu gewählten Landtag eine Lücke. Die Partei, die diese Lücke programmatisch ausfüllen könnte, wird dort in der nächsten Legislaturperiode jedoch leider nicht vertreten sein. 

2. Zur LINKEN in der Landtagswahl

Auch wenn das Wahlergebnis der LINKEN unter den Erwartungen blieb, die in den letzten Wochen vor der Wahl durch Umfrageergebnisse an der 5-Prozent-Hürde genährt wurden, konnte die LINKE durchaus um 1,1 Prozent und damit ein gutes Drittel, in Wähler*innenstimmen sogar um 73,6 Prozent gegenüber 2013, deutlich zulegen. Obwohl wir immer noch ein personelles Problem mit der Aktivität in der breiten Fläche des Landes haben, konnten wir erstmalig in alle sieben Bezirkstage einziehen. Auch sonst wächst die LINKE in Bayern über ihr politisches Nischendasein hinaus. Unsere Mitgliederzahl hat etwa um ca. 1.500 Mitglieder seit 2017 (gegenüber ca. 2.500 Mitgliedern zuvor) zugelegt. Das Wahlergebnis der Bundestagstagswahl 2017 zeigt, dass wir in Bayern durchaus ein Potential über der Fünf-Prozent-Hürde entwickeln können. Weniger messbar und daher etwas subjektiv haben wir auch den Eindruck, in Presse und Öffentlichkeit immer mehr als ernstzunehmende politische Kraft im Land wahrgenommen zu werden. Wo wir früher vor allem als „Mauermörder“ beschimpft wurden, schlagen uns jetzt deutliche Sympathien entgegen. 

Hier findet ihr die gesamten  Thesen zur Bayernwahl


Zur Gründung von „Aufstehen!“ „Wir brauchen eine mutige LINKE!“

Zur Gründung von „Aufstehen!“ vom Koordinierungskreis der Emanzipatorischen Linken

Die Bilanz der Regierungspolitik der letzten Jahrzehnte ist gesellschaftlich verheerend. Der Sozialstaat wurde kontinuierlich abgebaut, ein großer Niedriglohnsektor ist entstanden, die Kinder- ebenso wie die Altersarmut steigt immer weiter an, die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten wurde forciert und die Überwachung der Menschen nimmt ungeahnte Ausmaße an – und trotz des Ausbaus der erneuerbaren Energien steigt der CO2-Ausstoß immer weiter an.
Seit Monaten hat Björn Höcke, die Leitfigur der Völkisch-Nationalen in der AfD, den Sozialpopulismus für sich entdeckt. Der Höcke-Flügel in der AfD könnte mit seinen völkisch aufgeladenen sozialpolitischen Forderungen in der AfD die Mehrheit gewinnen. Dies hätte zur Folge, dass die AfD künftig auf einen Politikmix aus Rassismus plus „Sozialstaat“ setzen würde.
Höckes Kombination aus nationalistisch-patriotischer Rhetorik und sozialistisch anmutender Sozialpolitik hat das Zeug dazu, aus der bisherigen Nischenpartei eine Massenbewegung zu machen.

Die Linke in Deutschland konnte die beschriebene Entwicklung der Gesellschaft und den Aufstieg der AfD nicht verhindern.
Die Linke war ebenso wie DIE LINKE auch noch nicht in der Lage, ein emanzipatorisches Gegenmodell zum Nationalismus der Rechten zu bieten. Das Fehlen eines selbstbewussten linken Gegenentwurfs, nicht nur zum Neoliberalismus, der eine grundsätzliche Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen formuliert und andere Lösungen anbietet, entmutigt und vereinzelt. Es ist deprimierend zu erleben, wie die SPD, der die entscheidende Rolle in einem Linksbündnis zukäme, es als Erfolg verkauft, wenn sie die Auswirkungen der eigenen Politik abzumildern vermag. Tatsächlich gibt es links eine Lücke.
Auf diese Lücke will „Aufstehen!“ „die richtige Antwort“ sein, schrieb Martin Höpner am 17. August in der FAZ. Erklärtes Ziel von „Aufstehen!“ sei es, dass Menschen, die soziale Ungerechtigkeit beklagen, sich wieder durch die Politik vertreten fühlen sollen.
Wünschenswert wären neue linke Allianzen vor dem Hintergrund des Rechtsrucks in Deutschland und Europa allemal, und mancher hofft, dass „Aufstehen!“ eine solche Alternative ist.
Wir sind hier grundsätzlich skeptisch.

 

Denn „Aufstehen!“ vertieft Gräben in der gesellschaftlichen Linken mehr als es dazu beizuträgt, dass sie überwunden werden. Der vorliegende Gründungsaufruf von „Aufstehen!“ [1] zeigt, dass die „Sammlungsbewegung“ mit einem an die Einschränkung des Asylrechts von 1993 anknüpfenden „Recht auf Asyl für Verfolgte“ [1], einem nationaleren Zuschnitt der Sozialpolitik und einer Anti-EU Politik punkten will, auch deshalb, weil die Macher*innen ehrlich davon überzeugt sind, die neoliberale Spielart des Kapitalismus schwäche den Nationalstaat und wolle die Überwindung von Grenzen und nationaler Identitäten. Das ist sowohl historisch als auch analytisch falsch. Die neoliberale Spielart des Kapitalismus will nicht „No border, no nation“, sondern einzig die Zurückdrängung der staatlich garantierten sozialen Rechte bei gleichzeitiger Förderung eines starken (nationalen!) Gewaltapparates. 

 Der Gegner von „Aufstehen!“ ist nicht der Kapitalismus an sich, sondern der „globalisierte Finanzkapitalismus, der Konzerne und Vermögende aus der sozialen Verantwortung entlässt.“ [1]. Die von „Aufstehen!“ vollzogene Trennung des Kapitals in einen bösen globalisierten Finanzkapitalismus und das gute produktive, nationale Kapital, das eine „soziale Verantwortung“ wahrnimmt, erhebt damit Ausbeutung, Entfremdung und Demütigung im alltäglichen Kapitalismus zu etwas Gutem oder zumindest Normalen und adelt die Ausbeutung und Entfremdung des Menschen in der Mehrwertproduktion. 

Wenn im Gründungsaufruf von „Aufstehen!“ zu lesen ist, „Viele bereits zuvor vorhandene Probleme wie der Mangel an Sozialwohnungen, überforderte Schulen oder fehlende Kita-Plätze haben sich weiter verschärft. Am Ende leiden vor allem die ohnehin Benachteiligten.“ [1], dann werden einseitig die Lasten der Zuwanderung für Teile der Bevölkerung betont und auf diese Weise Flüchtlinge zum Sündenbock für soziale Verhältnisse gemacht. Das zeigt: „Aufstehen!“ will das linke Lager dadurch stärken, dass Zugeständnisse an das herrschende rechte politische Klima gemacht werden.  

Wenn „Aufstehen!“ „den Staat“ pauschal stärken will, plädieren sie für ein rechtssozialdemokratisches Projekt, das neben der Stärkung des Gewaltapparates zwar auch soziale Aspekte hat, aber im Kern auch von Antiliberalen und Konservativen geteilt werden kann. 

Gleichzeitig werden feministische, nichtweiße und queere Bewegungen im gesamten Gründungsaufruf nicht nur nicht erwähnt; sie werden in ihrer Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung auch nicht wargenommen und die Negierung dieser Bewegungen und ihrer Kämpfe macht diese Orientierung hin zur antiliberalen Rechten noch klarer.

Progressive Politik kann nicht zum Ziel haben, AfD-Wähler*innen dazu zu bewegen, andere Parteien zu wählen, die mit weniger Verharmlosung von Rassismus und weniger Denunziation von Emanzipationsbewegungen als die AfD daher kommen. Progressive Politik muss ein emanzipatorisches Gegenmodell zum Rechtsruck und zum gesellschaftlichen Rollback formulieren und andere Lösungen anbieten, die eine grundsätzliche Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen artikulieren. All dies leistet „Aufstehen!“ leider nicht.

Letztendlich ist uns eines wichtig: Politisches Handeln sollte sich um die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen drehen, vor allem derer, die präker beschäftigt oder anderen Formen der Diskriminierung und Benachteiligung ausgesetzt sind. Auf dem langen Weg zu einer besseren Gesellschaft ist es kein Widerspruch,  bereits unterwegs für Verbesserungen zu sorgen, ob sie nun einer Mehrheit oder „nur“ einer Minderheit nützen. Das geht gleichzeitig, da muss man nicht sagen „erst X, weil Y nicht so wichtig ist.“

Wie wir für diese Verbesserung der Lebensverhältnisse für alle kämpfen, müssen wir breit diskutieren und definieren – und vor allem müssen wir es machen! Denn es rettet uns immer noch kein höh’resWesen, das müssen wir selber tun, gemeinsam mit allen Verdammten dieser Erde, unabhängig von Nationalität, Religion, Sexualität, Bildungsrad oder vermeintlicher wirtschaftlicher Nützlichkeit. Lasst uns mutig sein! Lasst uns gemeinsam aufbrechen und für eine linke Partei kämpfen, die fähig ist, die Dialektik zwischen Menschheits- und Klassenfragen zu meistern und für ein Programm, das die LINKE als eine moderne, progressive Partei präsentiert, die die soziale Frage in den Mittelpunkt stellt und trotzdem in der Lage ist, mit den Mittelschichten ein Bündnis gegen das Kapital und die Rechten in diesem Land zu schmieden.

[1] Gründungsaufruf https://www.aufstehen.de/gruendungsaufruf/ 


Lametta, Palermo und Partizipation! ‬

Derzeit sind alle Mitglieder der Emanzipatorischen Linken aufgerufen, per Meinungsbild darüber mitzuentscheiden, was die Themen der Auftakt- und der Abschlusspodiumsdiskussion der #EmaLiAk19, der Akademie der Emanzipatorischen Linken, sein sollen.

Bisher war es so, das die Vorrbereitungsgruppe der jeweiligen Akademie einen „Call for Participation“, einen Aufruf an alle Mitglieder zur Inhaltlichen Gestaltung der Akademie, versendet hat. Anders als beinNdern Gruppen in DIE LINKE ist  Vorrbereitungsgruppe der jeweiligen Akademie offen, alle Mitglieder der Ema.Li  konnten und können sich an ihr beteiligen.
Aus dem Ergebnis des „Call for Participation“ wurde dann das Programm der Akademie zusammengestellt.


Dieses Jahr gehen wir einen Schritt weiter: erstmals sind alle Mitglieder der EmaLi aufgerufen, auch über die Auftakt- und die Abschlusspodiumsdiskussion der #EmaLiAk19 mitzuentscheiden.
Früher mag mehr Lametta und Palermo gewesen sein, aber nie war mehr Möglichkeit zur Partizipation.

Die #EmaLiAk19 findet übrigens zwischen dem 8.Februar und den 10. Februar 2019 in Hessen statt.


2. August – Erinnern an den Porajmos

Rund 500.000 Roma und Sinti wurden während des sogenannten „3.Reichs“ von den Deutschen ermordet. Sie wurden Opfer der rassistischen Vernichtungspolitik in der Zeit des Nationalsozialismus.
Roma und Sinti nennen diesen Genozid an ihrem Volk „Porajmos“, was „Verschlingung“ oder „Zerstörung“ auf Romani bedeutet.
Sinti und Roma wurden durch Arbeit, Unterernährung und Seuchen getötet. Sie  wurden Opfer grausamer medizinischer Experimente. Sie wurden in den Gaskammern der Vernichtungslager getötet. Ein sehr großer Teil wurde erschossen. Nur wenige überlebten die Todesmärsche.

Am 2. August 1944 ermordete die SS in den Gaskammern von Auschwitz die letzten 2.900 Roma und Sinti – Kinder, ihre Mütter und alte Menschen – die sich noch im sogenannten „Zigeunerlager“ in Auschwitz-Birkenau befanden. Unmittelbar zuvor selektierten SS-Männer noch 3.000 Roma und Sinti als sog. „Arbeitsfähige“ und verschleppten sie als Sklavenarbeiter*innen in andere Konzentrationslager.
Dieses grausame Ereignis wurde als Gedenktag für alle Roma und Sinti gewählt, die während des Nationalsozialismus ermordet wurden.

Nach der Befreiung wurden die Überlebenden jahrzehntelang nicht als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt und erhielten nur geringe oder überhaupt keine Entschädigungszahlungen für ihren verlorenen Besitz. Eine Ausnahme bildet hier die DDR. In der DDR wurden alle Sinti seit Mitte der 60er Jahre als Verfolgte des Naziregimes anerkannt und erhielten Verfolgtenrenten.
Der Umgang mit den Überlebenden des Porrajmos in der Bundesrepublik war zutiefst Rassistisch. Die überlebenden in der BRD landeten häufig in Barackenlagern, die an den gleichen Orten standen wie die Lager, aus denen sie deportiert worden waren. Das Leugnen des Porajmos an den Sinti und Roma gehörte hingegen jahrzehntelang zum guten Ton in der alten BRD.

Wesentlich dazu beigetragen haben die sogenannten „Zigeunerexperten“, also jene Kriminologen, Universitätsangehörige usw. aus der Zeit des 3.Reiches, die nach der Gründung der Bundesrepublik ihr Werk fortsetzen durften. Ebenso waren diejenigen, die nach 1949 über die Entschädigung der Sinti und Roma zu entscheiden hatten, häufig dieselben Menschen, die an den Verbrechen maßgeblich beteiligt waren oder zumindest in der Tradition antiziganistischen Denkens standen.

Den Tiefpunkt des Leugnens der Leiden der Sinti und Roma bildet ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Januar 1956. In diesem abscheulichen Urteil begründet der BGH einen mangelnden Anspruch von Wiedergutmachung für Sinti und Roma damit, dass „trotz des Hervortretens rassenideologischer Gesichtspunkte nicht die Rasse als solche der Grund für die darin getroffenen Anordnungen bildet, sondern die bereits erwähnten asozialen Eigenschaften der Zigeuner…
Alle diesem BGH Grundsatzurteil widersprechenden Urteile wurden bis Ende 1963 stets von höheren Instanzen kassiert. Somit leugnete die deutsche Justiz in der Zeit bis 1963 komplett die rassische Verfolgung der Sinti und Roma für den Zeitraum 1933 – 1943.

Erst am 17. März 1982, d.h. 37 (!) Jahre nach Ende des II. Weltkrieges, nach 37 Jahren des Leugnens und des Demütigens und Erniedrigens der Überlebenden, wurde der Völkermord an den Sinti und Roma offiziell von der deutschen Bundesregierung anerkannt.

Viel zu lange wurde über die Verfolgung der Sinti und Roma während der Zeit des Nationalsozialismus geschwiegen. Viel zu lange wurde Ihr Leiden, ihr Sterben geleugnet. Viel zu lange wurden die Stimmen der Überlebenden nicht gehört. Das hat zur Folge, das die Kinder und Enkel der von den Deutschen getöteten Sinti und Roma aus den ehemals besetzten Gebieten in Deutschland heute als „Wirtschaftsflüchtlinge“ gelten. Für sie gibt es hierzulande noch immer kein Bleiberecht.

Sinti und Roma werden abgelehnt und verachtet, weil sie arm sind, als ortlos und kulturlos angesehen werden. Stimuliert durch Überfremdungsängste werden Feindbilder reaktiviert. Selbst ernannte Experten legen den Schluss nahe, an ihrem Elend in der Slowakei, in Ungarn, der Tschechischen Republik, Bulgarien und Rumänien oder in Serbien und im Kosovo seien sie selber schuld.
Romafeinde nennen die Objekte ihres Hasses ganz ungeniert wieder „Zigeuner“, obwohl (oder weil) das kränkt. Durch Verallgemeinerung werden Ängste geschürt und dubiose Kenntnisse über Sinti und Roma verbreitet, dabei Gefahren beschworen, die uns angeblich drohen. Die AfD verlangt in diversen Landtagen, so zuletzt am 13. Juni 2018, die Zählung und Erfassung der Minderheit.
An das, was dem gewähren lassen der Romafeinde folgt, erinnert der 2. August nur zu deutlich.


Free Gaza from Hamas!

In der Zeit vom 13. Juli bis zum 15. Juli 2018 haben Anhänger*innen der Hamas und anderer Milizen Israel durch den Beschuss mit weit über 220 Raketen und Mörsergranaten angegriffen. Dabei wurden mehrere Zivilisten verletzt.  Aus diesem Anlass hat der Koordinierungskreis Emanzipatorische Linke am Montag, den 23. Juli den folgenden Antrag an den Parteivorstand DIE LINKE beschlossen:

Free Gaza from Hamas!

Der Parteivorstand DIE LINKE möge beschließen

DIE LINKE verurteilt die Raketenangriffe der Hamas und anderer Milizen aus Gaza auf Israel auf das Schärfste und fordert ein Ende der terroristischen, gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Raketenangriffe auf Israel.

Die Solidarität der Partei DIE LINKE gilt weder der Hamas, noch der Netanjahu-Regierung, sondern den friedenspolitisch Engagierten auf palästinensischer und israelischer Seite.
Organisationen wie die Hamas stellen, gerade wegen den von ihnen vertretenen reaktionären, frauenfeindlichen und homophoben Positionen, keinerlei positiven Bezugspunkt für eine linke Politik dar.
Die Herrschaft der Hamas in Gaza hat die Situation der Frauen massiv verschlechtert. Frauen wird vorgeschrieben wie sie sich anzuziehen haben; ihre Teilhabe am politischen und gesellschaftlichen Leben wird eingeschränkt. Viele Freiheiten, die Frauen vorher hatten, wurden ihnen wieder weggenommen, zum Beispiel ihre Bewegungsfreiheit oder sogar die Erlaubnis Fahrrad zu fahren. Frauen dürfen keine Beziehungen führen, sie müssen in der Schule den Hijab tragen. Auch häusliche und sexuelle Gewalt finden durch den politischen Islam der Hamas eine Legitimation. Wir verurteilen diese Entwicklung scharf.

 

 

Wir kritisieren die Ignoranz gegenüber der reaktionären, frauenfeindlichen, homophoben und antisemitischen Ideologie der Hamas, wie sie in Teilen unserer Partei existiert.
Für die Partei DIE LINKE gibt es keine Zusammenarbeit mit Organisationen, die sich positiv auf die Hamas beziehen.

Selbstmordattentate, „menschliche Schutzschilde“, gezielte Tötungen und der Beschuss von Ansiedlungen jenseits der Grenzen von Gaza treffen die Zivilbevölkerung, sie sind daher kein Widerstand, sondern Terror. Wir lehnen eine kollektive Bestrafung ebenso ab wie auch jede Form des Fundamentalismus.

Kritik an der Politik Israels muss sich klar von jedem Antisemitismus unterscheiden. Das gilt gerade in einem Land, das bis heute mit den Folgen der Verstrickung großer Teile der Bevölkerung in die Shoa nicht im Reinen ist. Bei einseitig formulierter Kritik besteht stets die Gefahr antisemitische Ressentiments in der Bevölkerung zu befördern und zu bestärken.

Der Parteivorstand der Partei DIE LINKE ist davon überzeugt, dass es derzeit keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung gibt, für die international geworben und die auf politischem Weg durchgesetzt werden muss.

Begründung zum Antrag:

Den Gesamten Antrag findet Ihr Hier: Free Gaza from Hamas!


Gaza, Israel und der Parteivorstand DIE LINKE

Stellungnahme des Koordinierungskreis Emanzipatorische Linke zum Beschluss des Parteivorstands „Für ein Ende der Besatzung und der Blockade von Gaza!“
Liebe Genoss*innen,
Der Parteivorstand der Partei DIE LINKE hat am 1. Juii 2018 eine Positionierung zur letzten Auseinandersetzung an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel beschlossen, die für viele Genoss*innen schlichtweg unfassbar war. In vielen Statements ist an verschiedensten Aspekten des Beschlusses Kritik geübt worden, darum wollen wir uns hier nur mit einen,allerdings in unseren Augen Zentralen Punkt befassen. Wenn es in der Positionierung des Parteivorstands heißt „DIE LINKE ruft außerdem zu einem Ende der Raketenangriffe aus Gaza auf Israel […] auf“, so ist interessant, was dort nicht steht und was das, was dort nicht steht, über die Haltung unserer Partei zur Hamas aussagen kann.
Dort fehlt, dass die Raketenangriffe der Hamas und anderer Milizen, denen in Israel Zivilist*innen zum Opfer fallen, verurteilt werden und dass man sich gegen Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung ausspricht. Es entsteht der Eindruck, das der Vorstand der Partei DIE LINKE nicht Willens ist, das Verletzen und versuchte Töten von Israelis durch die Raketenangriffe der Hamas aus Gaza zu verurteilen. Der Parteivorstand beklagt in seinem Beschluss die Gewalt gegen friedliche Bewohner*innen von Gaza zu Recht, aber für die Gewalt gegen Bürger*innen des Staates Israel von Seiten der Hamas hat er keine Worte mehr übrig, weder Worte des Bedauerns noch Worte des Mitgefühls.
Aus dieser Schieflage entsteht der Eindruck, als würde die sozialistische Friedenspartei DIE LINKE Aktionen der Hamas, die Opfer unter der israelischen Zivilbevölkerung zur Folge haben, goutieren. Darum erwarten wir eine deutliche Aussage des Parteivorstands gegen die Hamas und ihre Täglichen Raketenangriffe der Hamas und anderer auf Israel.
Solidarische Grüße
Der Koordinierungskreis der Emanzipatorische Linke
Der Download: Gaza, Israel und der Parteivorstand DIE LINKE

Die AfD sagt lachend „Danke!“

Die Letzen Tage Haben uns überdeutlich vor Augen geführt, wie sich in der Migrationsfrage die AfD beim Themensetting durchgesetzt hat. „Wir müssen feststellen, dass die AfD in diesem Land vor allem vermittels der Union schon „mitregiert“. Die Umsetzung von rassistischen Stammtisch-Parolen gegen Geflüchtete besonders von CDU/CSU in reale Politik sowie die alltägliche Hetze in den Medien gegen Geflüchtete führen uns ständig vor Augen: Rassismus ist kein Randgruppenphänomen oder beschränkt auf eine vermeintlich isolierte, extremistische Minderheit in der Gesellschaft.“  Die Letzten Tage haben uns vor Augen geführt, wie sehr CDU/CSU, aber auch SPD ihre Koordinaten im Regierungshandeln in der Flüchtlingspolitik nach rechts verschoben haben. Denn in der Auseinandersetzung um eine Richtige Flüchtlingspolitik geht es schon längst nicht mehr um die Aufnahme von Füchtlingen versus Abschottung. In der Diskussion  geht es nur noch um Abschottung auf europäischer Ebene versus nationaler Alleingänge zur Abschottung. Von der AfD geforderte Scheußlichkeiten, wie Lager für Flüchtlinge außerhalb der EU z.B. in Libyen und die Internierung von Schutzsuchenden innerhalb der EU, sind seit dem EU-Gipfel offizielle Politik der Bundesregierung geworden. Ebenso ist es Teil der Politik des Vorauseildenden Gehorsams der CDU/CSU und SPD gegenüber der AfD, Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken zu lassen und Seenotretter, die dies Verhindern könnten, zu kriminalisiert.

Es geht inzwischen nicht mehr um die Frage, „wieviele Flüchtlinge wollen wir aufnehmen“, sondern nur noch einzig um einen Überbietungswettbewerb mit der AfD, welche Menschenfeindlichen Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen noch ergriffen werden können.

 

Das Zugehen auf die AfD in der Flüchtlingspolitik hat der CDU/CSU ebenso wie der SPD schon bei der Bundestagswahl nicht geholfen und es wird ihnen auch jetzt nicht helfen. Schon in der Weimarer Republik hat solcherart Anpassung der bürgerlichen Parteien an Nazis nicht funktioniert und auch in keinem europäischen Land ist es gegenwärtig gelungen die Wähler*innen rechter Parteien „zurückzuholen“, indem ihren Forderungen nachgegeben wurde. Eher im Gegenteil. Die AfD sagt lachend „Danke“ dafür, das die Bundesregierung Tagelang ihre Programatik umgesetzt hat.

Im Gegensatz zu bürgerlichen Parteien, aber auch der SPD wissen wir, rechten Positionen kann man nicht begegnen, indem man den Rechten entgegenkommt. Nur eine Linke, die rassistischen Forderungen unzweifelhaft und eindeutig entgegentritt und dies mit sozialen Forderungen verknüpft, kann die Stärke gewinnen, die nötig ist, um die AfD und die rechte Formierung der Gesellschaft zurückzudrängen. Unsere Antwort auf den sich zunehmend braun einfärbenden Kapitalismus muss die Aufklärung sein, wer ursächlich für die stetig prekärer werdende Lage die Verantwortung trägt.

Dabei kann es nicht darum gehen, ehemalige AfD-Wähler*innen nach links zu ziehen, sondern darum, die allgemeinen Koordinaten, nach denen Konflikte gedeutet wurden, zu verschieben und den Anspruch auf Protest mit linken Positionen wieder glaubhaft zu untermauern.


50 Jahre Prager Frühling

Beschluss des Bundesausschusses der Partei DIE LINKE vom 23. und 24. Juni 2018

„Zu lange haben wir im Dunkeln gelebt, treten wir ins Licht.“ (Alexander Dubcek)

Vor 50 Jahren, 1968, herrschte in zahlreichen Ländern der Welt Aufbruchsstimmung. Die Menschen gingen damals (wie auch heute) für Veränderungen auf die Straße, sie demonstrierten für Freiheit, Gleichberechtigung und das Recht auf Mit- und Selbstbestimmung. Auch in der Tschechoslowakei (ČSSR) gab es einen Wandel. Wie auch in anderen Staaten des Warschauer Vertrages gab es in der ČSSR keine Presse- und Meinungsfreiheit, keine freien Wahlen. Alles war nach dem Prinzip des durch Stalin pervertierten demokratischen Zentralismus aufgebaut. Doch schon 1948 kam es dazu, dass Jugoslawien mit der stalinistischen Sowjetunion brach und in den 1950er Jahren eine Arbeiterselbstverwaltung einführte. Dies war einer der ersten Schritte eines dritten Weges zwischen Kapitalismus und Staatssozialismus. Der rote Faden, die Betriebe in ihrer Selbständigkeit zu stärken und zum Dreh- und Angelpunkt einer Wirtschaftsreform zu machen, war auch im wirtschaftlichen Reformprogramm des Prager Frühlings zu erkennen.

1968 gab es dann innerhalb der „Sozialistischen Staatengemeinschaft“ einen weiteren Anlauf zu mehr Sozialismus, Freiheit und Demokratie, diesmal in der ČSSR. Am 5. Januar 1968 wurde der damalige Parteichef der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ) Novotny vom Reformpolitiker Alexander Dubcek abgelöst. Damit begannen die Reformen für einen demokratischen Sozialismus. Unter dem Stichwort „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ setzten sich die KPČ und Dubcek für

  • Pressefreiheit
  • Aufhebung der Zensur
  • die Demokratisierung des Staates
  • Versammlungsfreiheit
  • Freiheit der Gewerkschaften und der Gewerkschaftlichen Organisierung
  • Abbau des Zentralismus und
  • Reformen für eine Sozialistische Umgestaltung der Ökonomie ein.

Wer, wie wir als DIE LINKE, für die Emanzipation der Gesellschaft und des Individuums kämpft und dazu beitragen will, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“, dessen Sympathie muss den historischen Bestrebungen eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz, eben dem „Prager Frühling“, gelten.

Am 27. Juni vor 50 Jahren erschien im Zuge des Prager Frühlings das „Manifest der 2000 Worte“. Dieses vom Schriftsteller Ludvik Vaculik verfasste Dokument wurde damals von 69 prominenten WissenschaftlerInnen, KünstlerInnen und SportlerInnen unterzeichnet und gleichzeitig in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Das „Manifest der 2000 Worte“ war ein wichtiges Ereignis innerhalb des „Prager Frühlings“. Mit dem Prager Frühling verbinden wir heute vor allem den Einsatz für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz, den Versuch Demokratie und Sozialismus zusammen zu bringen. Dieser so wichtige Aufbruch wurde durch den Einmarsch sowjetischer Panzer gewaltsam beendet. Doch der Impuls, Demokratie und Sozialismus zusammenzubringen, hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt.