Das Bedingungslose Grundeinkommen – aus feministischer Perspektive [Rezension]

bge_helmerDas bedingungslose Grundeinkommen soll Spielräume ermöglichen, damit Menschen kreativ tätig werden können. Ausgegangen wird von einer »grundlegenden Bedürftigkeit jedes Menschen« ebenso wie »von der grundsätzlichen Bereitschaft, gesellschaftlich notwendige Sorgearbeit zu leisten.« Bei vielen Befürworter_innen des Grundeinkommens bleibt die klassische geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die ungleiche Wertschätzung in Bezug auf Care, und damit die gesellschaftliche Ausbeutung des Engagements von vor allem Frauen, jedoch unangetastet. Ein so verstandenes Grundeinkommen läuft Gefahr, dass die geschlechtshierarchische Arbeitsteilung zementiert wird.

Darin sieht Gabriele Winker vom Netzwerk Care Revolution mit einen Grund für die Zurückhaltung von Feminist_innen im deutschsprachigen Raum, sich zum bedingungslosen Grundeinkommen zu äußern. Um auf dem Weg zu einer anderen (»sorgenden«) Ökonomie, einem anderen Verständnis von Freiheit, Selbstbestimmung und Autonomie hilfreich zu sein, »braucht der Einsatz für ein Grundeinkommen deshalb auch zwingend eine geschlechterbewusste Reflexion und  Strategie«, wie die Herausgeber_innen einleitend hervorheben. Den Rest des Beitrags lesen »


Grundeinkommen – Die Debatte in der LINKEN

Die_Linke_Grundrecht_Grundeinkommen_BGE_Berlin_2013-960x5401Ein historischer Rückblick als Gastbeitrag von Ronald Blaschke auf der Internetplattform PEIRA

In der Partei DIE LINKE hat die Grundeinkommensidee eine Geschichte. In der PDS und der Rosa-Luxemburg-Stiftung wurde das Grundeinkommen schon vor der Vereinigung mit der WASG diskutiert. ProtagonistInnen waren zum Beispiel Katja Kipping und Christoph Spehr. Beflügelt wurde diese Debatte durch die Existenzgeldforderung der unabhängigen Erwerbslosenbewegung in Deutschland, die die Forderung nach einem Grundeinkommen auch immer mit einer linken Kritik an der Lohn- und Erwerbsarbeit und kapitalistischen Ökonomie und mit einer radikalen Ablehnung der Zwangsarbeit verband. Dem entsprechend sind die GegnerInnen der Grundeinkommensidee auch schnell zu lokalisieren: (weiterlesen)
(Quelle Foto: http://www.die-linke-grundeinkommen.de)


Arbeit und Kapitalismus aus anarchistischer Perspektive

Ein neu auf deutsch erschienenes Buch zeigt Strategien gegen Ausbeutung in der Arbeitswelt. Das US-Autorenkollektiv »Crimethinc« legte mit »Work« kurz vor Beginn der Occupy-Bewegung ein Manifest über die neoliberale Arbeitswelt vor. Nun ist das Buch auch auf Deutsch erhältlich.
Die Rezension im ND vom 28. Juli hier lesen.


Die Krise der sozialen Reproduktion. Kritik, Perspektiven und Utopien, Münster 2014

Eine Rezension von Bernd Hüttner

In der Schweiz, so hat es die feministische Ökonomin Mascha Madörin errechnet, macht die Bruttowertschöpfung durch unbezahlte Arbeit über 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Was bedeutet dies eigentlich für linke Theorie und Praxis, die sich in der kulturellen Linken vorrangig auf Anerkennung und in der sozialen Linken auf Umverteilung orientiert? Das trouble every day collective will mit seinem Büchlein als einem Beitrag zu dieser längst überfälligen Diskussion die Reproduktionssphäre neu bewerten und vor allem politisieren. Die aus dem AK Feminismus der Naturfreundejugend Berlin hervorgegangene Gruppe versteht sich selbst als materialistisch, queer-feministisch und herrschaftskritisch.
Nach einer Einführung, die die aktuelle (Mehrfach)Krise so versteht, dass jene nicht die Ursache für allerlei neues ist, sondern die Verhältnisse vor allem verschärft hat, wird die Herausbildung der vergeschlechtlichten Arbeitsteilung samt ihrer Zuweisung von „öffentlicher“ und „privater Sphäre“ referiert. Nach einem Kapitel über marxistische Krisentheorien soll es dann im letzten Viertel um konkrete Alternativen und Utopien gehen. Eine (kommunistische?) Utopie, die vom Begriff der Reproduktion ausgeht, statt – wie bisher weit verbreitet – die Produktion in den Mittelpunkt zu stellen. Hier werden die Commons, das bedingungslose Grundeinkommen, Pflege-Streiks und die Vier-in-einem Perspektive von Frigga Haug vorgestellt. Diese Alternativen bleiben schlussendlich aber auch sehr abstrakt. Was diese vier mit einem dissidenten Leben zu tun haben (könnten), bleibt offen.
Als (neue?) Strategie wird unter anderem vorgeschlagen, von den Bedürfnissen der Menschen auszugehen, diese in den Mittelpunkt emanzipatorischer Politik zu stellen. Einige Seiten weiter steht dann genauso richtig, Bedürfnisse würden im Kapitalismus erst befriedigt werden, wenn damit Profit zu machen sei. Oder dass Individualisierung, die Linke ja im Grundsatz auch begrüßen, eine doppeldeutige Form der neoliberalen (Selbst-)Regierung sei. Was bedeutet das denn nun für die vielzitierte „emanzipatorische Politik“? Dazu findet sich nichts in dem Buch. Insgesamt sind die einzelnen Abschnitte des Buches für sich gut und richtig, das Ziel und die Zielgruppe des Buches bleibt aber doch etwas diffus – ist es doch für eine Einführung etwas zu voraussetzungsvoll – und für einen fundierten Beitrag zu kurz und zu oberflächlich.

trouble every day collective: Die Krise der sozialen Reproduktion. Kritik, Perspektiven und Utopien. Unrast Verlag, Münster 2014. 78 Seiten, 7,80 EUR.

Manuskript eines Textes, der gekürzt zuerst in analyse und kritik Nr. 593 vom 15. April 2014 erschienen ist. Wir danken für die Genehmigung zur Veröffentlichung.


Keine Care-Revolution ohne Resolution

Vom 14. bis 16. März 2014 trafen wir uns, ca. 500 Menschen, die in verschiedenen Feldern sozialer Reproduktion – Gesundheit, Pflege, Assistenz, Erziehung, Bildung, Wohnen, Haushalts- und Sexarbeit – politisch aktiv sind, zu einer ersten Aktionskonferenz Care Revolution. Über drei Tage hinweg tauschten wir persönliche und politische Erfahrungen – zunächst überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum – aus und diskutierten, wie grundlegende Veränderungen hin zu einer bedürfnisorientierten Care-Ökonomie angestoßen werden können.
Von unterschiedlichen Standpunkten kamen wir zu der Überzeugung, dass dies nur durch eine starke Care-Bewegung gelingen kann. Auch deshalb gingen wir am Samstagnachmittag mit einer Aktion „Das Unsichtbare sichtbar machen: Care auf die Straße tragen“ in Berlin in die Öffentlichkeit. Zum Abschluss der Konferenz verständigten wir uns auf gemeinsame Thesen und Forderungen, auf deren Grundlage wir in einem Netzwerk Care Revolution auch in Zukunft weiterarbeiten werden.

Von der Krise der sozialen Reproduktion…

1. Alltagserfahrungen in der Krise
In der aktuellen Krise leben und arbeiten viele unter Druck: Zeitstress und Angst vor einer ungewissen Zukunft bestimmen den Alltag. Einige müssen immer mehr arbeiten, andere finden keine Jobs oder haben trotz Job nicht genug zum leben. Hinzu kommt die Sorge um sich und andere: Kinder, Alte, Kranke, Freund_innen, Angehörige. Erholung, Muße und die Möglichkeit, Gesellschaft mit zu gestalten, scheinen für immer mehr Menschen unerreichbar.Die Sparmaßnahmen, die als einzige angebliche Lösung zur Krise des Kapitalismus präsentiert werden, untergraben die Errungenschaften queerfeministischer und anderer emanzipatorischer Kämpfe.
Viele sind von Armut, Gewalt oder struktureller und individueller Diskriminierung betroffen. Für Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus steht fast alles unter Vorbehalt. Herrschende Vorstellungen davon, wie Menschen zu sein haben, greifen weit ins Leben ein. Menschen, die dem nicht entsprechen, erfahren Unsicherheit und werden von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Ein Gutes Leben sieht definitiv anders aus! Den Rest des Beitrags lesen »


Care-Aktionskonferenz (14. bis 16.03.2014, Berlin)

Her mit dem guten Leben – für alle weltweit!

image002Soziale Reproduktion betrifft uns alle – es geht um unser Leben, unseren Alltag: Wie und mit wem wollen wir wohnen? Wie sorgen wir für uns und andere? Wie wollen wir gepflegt werden und wie kann gute Gesundheitsversorgung aussehen? Viele Menschen arbeiten in diesen Bereichen – einige bezahlt, andere unbezahlt. Wir alle sind darauf angewiesen. Wie also können die Lebensverhältnisse so gestaltet werden, dass sie unseren Wünschen und Bedürfnissen entsprechen? Viele setzen sich in den letzten Jahren für Veränderungen ein: in Gesundheit und Bildung, Kinderbetreuung und Pflege, in Kämpfen um bezahlbaren Wohnraum, gegen Armut, für Zeitsouveränität und Freiräume. Nur wenn es uns gelingt, diese individuellen und kollektiven Anstrengungen als gemeinsame zu denken und zum Ausgangspunkt unseres politischen Handelns zu nehmen können wir der dominanten Krisenpolitik etwas entgegen setzen. Politische und ökonomische Verhältnisse, in denen wir mit unseren Sehnsüchten keinen Platz haben, müssen erneuert und transformiert werden.

Eine Initiative des AK Reproduktion des Feministischen Instituts Hamburg in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung und mehr als 40 (Basis)Initiativen.

Mehr Informationen finden sich unter: http://www.rosalux.de/event/49691/care-revolution-1.html

Konferenz-Homepage: http://care-revolution.site36.net/