Libertäre Medienmesse in Essen

Plattform libertärer Opportunisten

Libertäre MedienMess3. für den deutschsprachigen Raum | 29. – 31. August 2014 | Carl | Essen

Ring frei für die dritte Runde! Es ist wieder soweit. In einem der größten europäischen Ballungsgebiete mit mehr als acht Millionen Menschen, werden vom 29. bis 31. August 2014 libertäre und anarchistische Verlage, Zeitschriften, Radio-, Video- und Internetprojekte ihr Programm vorstellen. Drei Tage Messe, Projektvorstellungen, Lesungen, Kultur, Veranstaltungen, Infos, Leute treffen und Pläne schmieden für eine Welt jenseits von Krise und Ausbeutung. Für all das boten bereits die 1. und 2. Libertäre Medienmesse für den deutschsprachigen Raum (Limesse) in den Jahren 2010 und 2012 einen Rahmen. Dieses Jahr widmen wir unsere Veranstaltungen schwerpunktmäßig dem Themenkomplex Frauen.Arbeit.Migration. Denn das Ruhrgebiet ist seit jeher von diesen drei Themen geprägt. Seit über 200 Jahren kommen Arbeiter*innen aus der ganzen Welt ins Ruhrgebiet. Heute leben und arbeiten hier Menschen aus mehr als 170…

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Die Krise der sozialen Reproduktion. Kritik, Perspektiven und Utopien, Münster 2014

Eine Rezension von Bernd Hüttner

In der Schweiz, so hat es die feministische Ökonomin Mascha Madörin errechnet, macht die Bruttowertschöpfung durch unbezahlte Arbeit über 60 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus. Was bedeutet dies eigentlich für linke Theorie und Praxis, die sich in der kulturellen Linken vorrangig auf Anerkennung und in der sozialen Linken auf Umverteilung orientiert? Das trouble every day collective will mit seinem Büchlein als einem Beitrag zu dieser längst überfälligen Diskussion die Reproduktionssphäre neu bewerten und vor allem politisieren. Die aus dem AK Feminismus der Naturfreundejugend Berlin hervorgegangene Gruppe versteht sich selbst als materialistisch, queer-feministisch und herrschaftskritisch.
Nach einer Einführung, die die aktuelle (Mehrfach)Krise so versteht, dass jene nicht die Ursache für allerlei neues ist, sondern die Verhältnisse vor allem verschärft hat, wird die Herausbildung der vergeschlechtlichten Arbeitsteilung samt ihrer Zuweisung von „öffentlicher“ und „privater Sphäre“ referiert. Nach einem Kapitel über marxistische Krisentheorien soll es dann im letzten Viertel um konkrete Alternativen und Utopien gehen. Eine (kommunistische?) Utopie, die vom Begriff der Reproduktion ausgeht, statt – wie bisher weit verbreitet – die Produktion in den Mittelpunkt zu stellen. Hier werden die Commons, das bedingungslose Grundeinkommen, Pflege-Streiks und die Vier-in-einem Perspektive von Frigga Haug vorgestellt. Diese Alternativen bleiben schlussendlich aber auch sehr abstrakt. Was diese vier mit einem dissidenten Leben zu tun haben (könnten), bleibt offen.
Als (neue?) Strategie wird unter anderem vorgeschlagen, von den Bedürfnissen der Menschen auszugehen, diese in den Mittelpunkt emanzipatorischer Politik zu stellen. Einige Seiten weiter steht dann genauso richtig, Bedürfnisse würden im Kapitalismus erst befriedigt werden, wenn damit Profit zu machen sei. Oder dass Individualisierung, die Linke ja im Grundsatz auch begrüßen, eine doppeldeutige Form der neoliberalen (Selbst-)Regierung sei. Was bedeutet das denn nun für die vielzitierte „emanzipatorische Politik“? Dazu findet sich nichts in dem Buch. Insgesamt sind die einzelnen Abschnitte des Buches für sich gut und richtig, das Ziel und die Zielgruppe des Buches bleibt aber doch etwas diffus – ist es doch für eine Einführung etwas zu voraussetzungsvoll – und für einen fundierten Beitrag zu kurz und zu oberflächlich.

trouble every day collective: Die Krise der sozialen Reproduktion. Kritik, Perspektiven und Utopien. Unrast Verlag, Münster 2014. 78 Seiten, 7,80 EUR.

Manuskript eines Textes, der gekürzt zuerst in analyse und kritik Nr. 593 vom 15. April 2014 erschienen ist. Wir danken für die Genehmigung zur Veröffentlichung.


Die Verlegerin Karin Kramer ist gestorben

Unter der Überschrift „Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben“ schreibt unser Mitglied Karsten Krampitz in Analyse und Kritik (Nr. 593, 15. April 2014) einen feinen, kleinen Text zum Tod der Verlegerin Karin Kramer:
Buchmesse im Frühjahr 2000: Die Veranstalter hatten die Lesezeiten verlost, im Programm stand für diesen Tag und diesen Raum: »10 Uhr bis 10.30 Uhr Karsten Krampitz, Affentöter«. Das Problem: Die Hallen öffneten erst um zehn. Und: Ich hatte gar kein Buch, der Roman über den Papierkrieg der Berliner Obdachlosenblätter war noch nicht gebunden; ich wollte aus den Fahnen lesen. Ja, nicht einmal meine Verlegerin war zugegen. In Leipzig hatte der Karin-Kramer-Verlag nie einen eigenen Stand, immer nur in Frankfurt am Main. Eine viertel Stunde, nicht länger, harrte ich der Leute, saß im Publikumsbereich und schaute auf die offene Tür.
»Ist der Autor schon da?«, fragte jemand im Türrahmen. »Nee«, sagte ich.
In der Woche darauf habe ich meiner Verlegerin Karin Kramer berichtet, was für eine wunderbare Lesung ich doch hatte, mit zwanzig Leuten, mindestens! Und dass sogar eine Frau vom Radio da gewesen wäre und dass die Leute noch diskutieren wollten, aber wir hatten ja keine Zeit. »So, so«, sagte Karin, hob die Augenbrauen und wiederholte mit sonorer Stimme: »So, so.« – Sie wusste es besser. Die KollegInnen von der Auslieferung hatten ihr längst alles erzählt. Die Sozialistische Verlagsauslieferung, die Sova, hat in Leipzig immer einen Sammelstand, wo u.a. auch ihr Frühjahrsprogramm vorgestellt wurde.
Nach so vielen Jahren weiß ich natürlich nicht mehr, worüber Karin und ich noch geredet haben, an dem Tag in ihrem Büro in Berlin Neukölln. Aber ich weiß noch, dass der Raum der vielen Regale wegen so wunderbar nach Büchern roch. Und ganz ehrlich: Ich bin nie wieder so glücklich gewesen.
Am 20. März 2014 ist Karin Kramer gestorben. Im Berliner St.-Hedwigs-Krankenhaus erlag sie im Alter von 74 Jahren einer schweren Krebserkrankung. Sie war ein ganz wunderbarer Mensch, sehr warmherzig, eine kluge Frau. Und was immer ich hier über sie schreibe, es wird ihrem Leben nicht gerecht. »Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben«, heißt es in einem Gedicht von Mascha Kaléko. Weihnachten haben wir noch telefoniert, über neue Projekte geredet. Den Rest des Beitrags lesen »


Étienne Balibar: Europa, aber richtig. Plädoyer für ein einzigartiges Projekt

Europa ist tot, es lebe Europa? Die Paradoxien und Unklarheiten der europäischen Integration beherrschen nicht erst seit Beginn des Europa-Wahljahrs 2014 die Nachrichten. Auf der einen Seite warnen die Kassandras vor Lähmung und Zerfall, nachdem alle Anläufe gescheitert sind, den Grundwiderspruch der Europäischen Union und die in sie eingebauten Interessengegensätze zwischen ihren Mitgliedern zu lösen. Die Hilfsmaßnahmen haben die Rezession in den Krisenländern verstetigt, die Ungleichheiten zwischen den Nationen, Generationen und sozialen Klassen verschärft, politische Blockaden ausgelöst und das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den europäischen Institutionen geweckt.
Auf der anderen Seite nutzen die Schönredner jedes „nicht negative“ Anzeichen, um zu behaupten, das Projekt Europa sei noch aus all seinen Krisen gestärkt hervorgegangen, und am Ende hätten sich doch die gemeinsamen Interessen durchgesetzt. Die Schwäche solcher Behauptungen liegt darin, dass die angeführten Beispiele, wie etwa die Bankenunion zeigt, sich bei näherer Betrachtung als halbe Lösungen entpuppen.
Trotzdem verbietet es sich, das ins Lächerliche zu ziehen. Denn die europäischen Volkswirtschaften sind extrem abhängig voneinander, und ihre Gesellschaften unterliegen in erheblichem Maße den Gemeinschaftsmechanismen – unter diesen Umständen wäre ein Zerfall der Union eine Katastrophe. Wobei auch dieses Argument auf der Annahme beruht, dass in Geschichte und Politik Kontinuität herrsche und folglich jede Krise nur ein konjunkturelles Phänomen sei.
Alles in allem heben diese Einschätzungen sich gegenseitig auf und bieten letztlich nur Anlass zu rhetorischem Geplänkel. Da ihnen die historische Tiefe fehlt, können sie nicht erkennen, dass die gegenwärtige Krise in dem seit gut fünfzig Jahren währenden europäischen Einigungsprozess einen Wendepunkt darstellt. Auch fehlt eine genauere Analyse der Widersprüche, die diese Krise im institutionellen Gefüge der EU offenbart – insbesondere hinsichtlich der Verflechtung von politischer Strategie und ökonomischer Logik. Und schließlich fehlt auch die Strenge in der Beurteilung der bereits vollzogenen Veränderungen, die nicht nur die Machtverteilung, sondern auch die Akteure und das Abstecken des Terrains für alternative Modelle betreffen. Auf die Gefahr hin, diesen Anforderungen selbst nicht zu genügen, werde ich versuchen, die drei meiner Ansicht nach zentralen Dimensionen der Krise und mögliche Lösungen zu skizzieren. Den Rest des Beitrags lesen »


Christoph Spehr (Hrsg.): Gleicher als Andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation (2003)

2621566718_1d3b4bcd74_oEine Rezension von Marco Pompe

Herrschaftskritik, die sowohl anarchistische, als auch marxistische Elemente beinhaltet, entwickelt zunehmend Orientierungsfunktion in der Linken. Wie dieses Zusammengehen heute theoretisch wie praktisch funktionieren kann wird aber selten direkt verhandelt. Auch der 2001 von der Rosa-Luxemburg-Stiftung ausgezeichnete Text ‚Gleicher als Andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation‘ stellt sich nicht wirklich dieser Herausforderung. Dafür geht aber das Buch, in dem dieser Text von Christoph Spehr auf ca. 100 Seiten veröffentlicht und anschließend in zahlreichen Kommentaren diskutiert wird, insgesamt ein gutes Stück diesen Weges. Wie in dem Text erläutert, besteht die emanzipatorische Linke aus vielen Strömungen. Er macht deutlich, daß der Selbstfindungsprozess als eine strömungsübergreifende Bewegung nicht abgeschlossen ist. Mir scheint, die Debatte um Spehrs Text in Erinnerung zu rufen, kann diesen Prozess unterstützen und die Qualität manches politischen Projektes positiv beeinflussen.

Zunächst: Das Buch ist durchweg kurzweilig, überwiegend in verständlicher Sprache verfasst, frei als Download verfügbar und deshalb absolut geeignet als spontane Bettlektüre. Spannend und amüsant ist es für alle, die sich auf der Suche nach Räumen und Wegen, den Zielen und Bedingungen für Emanzipation befinden. Ein manifest-artiger Text von Christoph Spehr (u.a. Autor von ‚Die Öko-Falle‘ (1996), ‚Die Aliens sind unter uns‘ (1999)) ist darin Ausgangspunkt für eine sehr lebhafte und emphatische Diskussion eines hoch komplexen Diskursfeldes (Macht, Herrschaft, Freiheit, Gleichheit, Emanzipation, Individuum, Gesellschaft, Kapitalismus, Staat, Moderne usw.). Den Rest des Beitrags lesen »


Wenn das so weitergeht …

… dann ist die Ema.Li in etwas über 1500 Jahren die mächtigste Strömung in und bei der Partei DIE LINKE. Seit unserer letzten Bundesmitgliederversammlung im November 2013 hat sich unsere Mitgliederzahl von 231 auf 248 erhöht und NRW ist nun der zweitstärkste Landesverband der Ema.Li – die genaue Statistik findet Ihr hier . Alles wird gut!